Karate und Andreas Mayer. Diese Beziehung brauchte etwas, ehe es zwischen den beiden so richtig funkte. Der Späteinsteiger, wie sich der Traunwalchner bezeichnet, betreibt die Kampfkunst mittlerweile seit gut zwei Jahrzehnten. Die Passion ist inzwischen sogar so groß, dass der 57-Jährige auch außerhalb des Dojos seinen Horizont erweitert. Dafür ist ihm keine Fahrt zu weit.
Mayer stellte sich nun der Herausforderung für die zweijährige Modulausbildung zum A-Trainer (Breitensport) in Frankfurt, Maintal und Hamburg mit 90 Lerneinheiten, was ihn letztlich viel Freizeit kostete. Doch der Träger des dritten Schwarzgurts – zehn Dan-Grade sind maximal möglich – hat nach erfolgreich bestandener Prüfung den höchstmöglichen Trainerschein in der Tasche. Innerhalb dieser Phase erlangte er unter anderem Kenntnisse über Bewegung und Philosophie sowie koordinative Präzision und Sturzprophylaxe. Mit seiner Erfahrung kann er nun auch anderen Übungsleitern zur Seite stehen.
Kampfsportfilme haben ihn schon immer begeistert
Kampfsportfilme haben den 57-Jährigen schon immer begeistert, doch insbesondere seine Kinder brachten ihn letztlich zum Karate. „Anfangs bin ich mit meinem Sohn zur Motivation mit zum Training gegangen, und die Tochter wollte dann auch unbedingt“, betont Mayer. Zum Nikolaus gab’s ein Schnuppertraining geschenkt, und schon war’s um den Oberbayern geschehen. „Von den Familien, die damals angefangen haben, sind wir inzwischen die einzigen, die in der Kampfkunst vertreten sind.“ Dabei schwingt beim Sportler schon eine gewisse Portion Stolz mit – zum einen so ein Durchhaltevermögen für sein geliebtes Hobby zu haben, zum anderen, da beide Kinder unmittelbar vor der Schwarzgurtprüfung stehen. „Wenn ein Elternteil mit zum Sport geht, ziehen auch die Kinder eher mit. Mir ist am wichtigsten, dass ich mich körperlich bewege.“
Als Lagerleiter bei der Siegsdorfer Petrusquelle tätig
Beruflich ist der Chiemgauer bei der Siegsdorfer Petrusquelle tätig und fungiert dort als Lagerleiter. Doch auch im Karate bietet Mayer beim SV Seeon Anfänger- beziehungsweise Selbstverteidigungskurse an. Der Sport hilft ihm beim Kindertraining (zwischen sechs und 15 Jahren) als auch im Beruf. „Man muss sich in jedes Kind oder jeden Mitarbeiter hineindenken, um mit ihnen erfolgreich arbeiten zu können. Der eine kann links besser nach vorne gehen als rechts. Also ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die schwächere Seite auch mittrainiert wird“, betont er. Der Traunwalchner sieht es dabei weniger als Zwang, sondern vielmehr als Herausforderung an, aus den Personen, mit denen er zu tun hat, das Maximum herauszukitzeln.
Die innere Mitte zu finden, ist für den Menschen generell schwierig, das musste auch Mayer schon das eine oder andere Mal feststellen. „An einem Tag hast du sie zu 100 Prozent, am anderen sorgen bestimmte Umstände dafür, dass davon nicht mehr viel übrig ist.“ Im Kindertraining muss er diese Ablenkungen auf die Seite legen und hat eineinhalb Stunden Zeit, an andere Dinge zu denken beziehungsweise zu beobachten. Der Karateka sieht das auch immer als Herausforderung und Training für sich selbst an.
Seine persönlichen Ziele? „Einen Schritt vor den anderen setzen. Der Weg führt zum Ziel. Ich möchte mein eigenes Karate verbessern und verfeinern.“ Das macht der Oberbayer derzeit mit der Vitalpunktbearbeitung Kyusho Jitsu – also „Akupunktur auf die negative Art“, wie er sagt. Mit seinen 57 Jahren ist Mayer nicht mehr ganz so beweglich wie beispielsweise ein 20-Jähriger. Diesen gilt es dann im Training so weit zu schwächen, dass Mayer anschließend sein „Käffchen trinken und danach nach Hause gehen kann“. Dabei soll es nicht darum gehen, dem Trainingspartner zu schaden, sondern diesen wiederherstellen zu können, sodass er auch in der Folge wieder mit dem Traunwalchner üben möchte.
Sein persönlicher Favorit: Grundtechniken in der Anwendung
An seine Prüfung zum 3. Schwarzgurt vor drei Jahren erinnert sich Mayer auch gern. Dabei musste er Grundtechniken, Katas (festgelegte Bewegungsabfolge gegen imaginäre Gegner) und Bunkai (praktische Anwendung einer Kata) zur Schau stellen. Sein persönlicher Favorit sind dabei die Grundtechniken in der Anwendung. Priorität Nummer eins ist jedoch, Gutes für den eigenen Körper zu tun. Deshalb sind im Shotokan (eine Stilrichtung der Kampfkunst), in der er zu Hause ist, die Katas bereits so ausgelegt, dass sie jeweils unterschiedlichen Körperteilen wie Rücken oder Knie helfen. Idealerweise kann er mit all diesen Erkenntnissen auch Familie oder Freunde unterstützen.
Fast jedes Wochenende auf einem Lehrgang
Im Prinzip befindet sich Mayer fast jedes Wochenende auf einem Lehrgang, da das persönliche Interesse einfach zu groß ist. Für ihn gibt’s im Endeffekt nichts Schöneres, als wenn die Kinder das Dojo mit einem Lächeln wieder verlassen, dann kommt auch er wieder in der Realität an.
Quelle: Passauer Neue Presse / 17.07.2024